Wirtschaftsspiegel Thüringen - Ausgabe 6/2015 - page 7

Fach- und Führungskräfte
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Foto: Lindig
wenn man gute Fachkräfte für sich ge-
winnen will?
Hier gibt es kein Patentrezept oder ei-
ne Zutatenliste. Jedes Unternehmen
und jeder Unternehmer haben selbst zu
entscheiden, welche konkreten Maß-
nahmen umgesetzt werden. Eine Auf-
listung von Einzelmaßnahmen auf der
Firmenhomepage bringt aber nichts,
wenn hinter den Kulissen Krieg
herrscht. Unternehmenskultur – also
das Gedächtnis einer Organisation – ist
hier entscheidend. Die ist nicht mit der
Brechstange herbeizuführen, sondern
ergibt sich aus dem täglich erlebten
Handeln.
Man kommt auch leichter an Fachkräfte,
wenn man innovativ ist. So haben wir in
diesem Jahr als Vorreiter in Thüringen
eine Erfolgsbeteiligung für alle
Mitarbeiter eingeführt, die mit einem
Zeitwertkonto gekoppelt ist. So bleibt
mehr netto vom brutto und man kann
für Sabbatical, Pflegezeit oder Vorruhe-
stand ansparen. Übrigens bevorzugen
wir hierbei eine ergebnisabhängige
Erfolgsprämie, die für alle Mitarbeiter in
gleicher Höhe ausfällt statt Einzelboni,
die interne Interessenskonflikte und
Ellenbogenverhalten fördern. Auch der
Konzern Bosch hat letzteres erkannt
und schafft diese ab.
Wir verfolgen das Ziel, zu einem der
besten Arbeitgeber in der Region und in
der Branche zu werden. Gerade haben
wir mit sehr guter Beteiligung eine
Mitarbeiterbefragung im Rahmen von
TOP JOB durchführen lassen und sind
gespannt, mit welchen Erkenntnissen
wir uns weiter verbessern können.
Wie viel Demokratie verträgt moder-
ne Unternehmensführung heute?
Oder anders gefragt: In welchen Si-
tuationen müssen Sie eingreifen, was
entscheiden Sie als Chef noch selbst?
Spannendes Thema! Wieviel Platz zum
Drucken haben Sie? (lacht) Vorab viel-
leicht ein aktueller Hinweis: Ich bin im
Herbst noch einmal Vater geworden
und habe mich einen ganzen Monat
nicht im Unternehmen blicken lassen
und sozusagen Elternzeit gemacht.
Undenkbar, wenn man alles selbst ent-
scheiden will und niemandem vertraut.
Ich nehme mich nicht so wichtig – für
die meisten Themen haben wir besser
geeignete Leute als mich an Bord.
Warum also nicht die machen lassen?
Natürlich schaue ich, dass die Richtung
stimmt. Und das war bisher fast immer
der Fall…
Ich sehe mich als Impulsgeber und
möchte auch meine Herzensangelegen-
heiten umgesetzt sehen. Wie zum Bei-
spiel das Engagement in der Region, für
das Kinderhospiz Mitteldeutschland,
den ThSV Eisenach und viele andere
Vereine und Initiativen. Mittlerweile ha-
ben unsere Mitarbeiter auch die Mög-
lichkeit, eigene Vorschläge für das re-
gionale Engagement im sozialen,
kulturellen oder sportlichen Bereich
einzureichen und mit einer Jury nach
festen Kriterien selbst zu entscheiden.
Sie werben mit dem Slogan „Anti-
Langeweile-Garantie“. Was können
wir uns darunter vorstellen?
Das bekommt man in einem Produk-
tionsbetrieb mit Bandarbeit wahr-
scheinlich nicht so gut hin. Unsere Mit-
arbeiter lobten stets, dass es nie
langweilig wird. Immer neue Tätigkei-
ten, Produkte, Kunden gepaart mit dem
internen Wachstum, das stets für Ver-
änderungen sorgt. Das wollte ich nun
garantieren und habe im Intranet eine
Aufgabentauschbörse eingerichtet, in
der man unliebsame Arbeiten loswer-
den kann, auf die jemand anderes Lust
hat. Einige Kooperationen sind hier
mittlerweile entstanden und zum Glück
wurde nicht unsere gesamte Organi-
sation umgekrempelt.
Auf Bildern Ihrer Belegschaft sieht
man stets nur gut gelaunte Menschen.
Mit welchen konkreten Maßnahmen
fördern Sie das gute Betriebsklima?
Die Fotos sind nicht von einer Online-
Bilddatenbank gekauft, sondern echt!
Aber auch bei uns ist nicht ein Tag wie
der andere, gibt es mal Konflikte und
auch mal einen hängenden Mundwin-
kel. Auf diesen gehen wir dann aber
schnellstmöglich ein und sehen die
hochkommenden Themen als anzuge-
hende Herausforderung. Meistens ge-
lingt es, die Mundwinkel schnell wieder
hochzubekommen …
Trotzdem gibt es doch in jedem Un-
ternehmen Tätigkeiten, um die jeder
einen möglichst großen Bogen ma-
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Sven Lindig führt das Familienunternehmen
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in vierter Generation.
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